Friedensschülerin Xhulia Caushaj verfolgt den Traum der Schauspielerei

Samstag, 22. Oktober 2022, Westfälischer Anzeiger Hamm / Hamm

Die große Geste

Xhulia Caushaj will nach Kunstcamp Ruhr den Traum Schauspiel weiter verfolgen

VON HOLGER KRAH

Hamm – Die große Geste beherrscht Xhulia Caushaj sofort. Die 19-jährige Hammerin breitet beide Arme aus, verweist ihren Gegenüber mit ausgestecktem Zeigefinger des Zimmers, schlägt die Hände überm Kopf zusammen, aber sie versinkt auch von einer auf die andere Sekunde nachdenklich in sich selbst.

Schauspielerei ist die große Liebe der Schülerin, die vor sieben Jahren mit ihren Eltern aus Albanien nach Hamm kam und im kommenden Jahr an der Friedensschule ihr Abi macht. „Meine Mutter hat mit Xhulia genannt – wie Julia Roberts – und hat gesagt: Aus ihr wird einmal eine Schauspielerin“, erzählt die Schülerin und muss selbst schmunzeln.

Die allerersten Schritte auf dem Weg zur Schauspielerin hat sie jedenfalls schon gemacht. Xhulia hat gerade als eines von 21 jungen Talenten aus dem gesamten Ruhrgebiet ein einjähriges Mentoring-Programm des Regionalverbands Ruhr (RVR) beendet. Zuvor hatte sie 2021 am einwöchigen Kunstcamp Ruhr teilgenommen. Die Begabtesten unter den Teilnehmern schafften es ins Mentoring-Programm. Und Xhulia war mit dabei – auch wenn sie bescheiden sagt, sie wisse gar nicht, warum gerade sie zu den Auserwählten gehört habe. Die Juroren werden es schon wissen.

Mit zwei weiteren Teilnehmerinnen hatte sie Sprachtraining bei ihrem Mentor Jasper Schmitz und spielte Improtheater. Und genau das kennt sie auch schon aus Hamm. In der Jugendtheaterwerkstatt des Helios-Theaters hat die heute 19-Jährige erste Erfahrungen gesammelt. Ihre damalige Theaterpädagogin beim Helios-Theater machte Xhulia vor einigen Jahren auf das Kunstcamp NRW aufmerksam. Bereits 2019 war sie dabei, 2021 schaffte sie den Sprung ins Mentoring-Programm.

Monolog aus Komödie eingeübt

Zusammen mit ihrer zweiten Mentorin Yvonne Forster hat sie intensiv am Monolog der Steph aus Neil LaButes Komödie „Lieber schön“ gearbeitet. „Steph glaubt zu Unrecht, das ihr Freund fremdgeht, und steigert sich da rein“, erzählt Xhulia. Und da ist sie wieder, die große Geste.

Die Rolle der Steph aus „Lieber schön“ hat übrigens noch vor wenigen Jahren Tanja Wedhorn an der Komödie am Kurfürstendamm gespielt. Heute kennt sie jeder als Hauptdarstellerin in Serien wie „Fritzie – Der Himmel muss warten“ und „Praxis mit Meerblick“.

Öffentlich gezeigt hat Xhulia den Monolog noch nicht, aber dafür ist er auch gar nicht gedacht. Mit diesem Monolog könnte sich Xhulia einmal an einer Schauspielschule beerben.

Und sie wäre nicht die erste: Bei vielen der Geförderten des Mentoring-Programms wuchs während des Coachings der Wunsch nach einer professionellen Weiterbildung im künstlerischen Bereich. Denn auch hierzu diente das Programm: Gemeinsam mit ihren Coaches bereiteten sie sich auf die Aufnahmeprüfungen an verschiedensten Hochschulen und Akademien vor. Einige sind bereits für ein Studium an der Folkwang Universität der Künste oder der Academy of Music Arnheim zugelassen.

Xhulia will erst einmal ihr Abi machen und dann studieren. Aber die Liebe zur Schauspielerei ist durch das Programm noch weiter gewachsen. „Ich würde gerne versuchen, im Fernsehen zu arbeiten“, sagt sie. Und auch da könnte das Talentförderungsprogramm eine Hilfe sein. Die Mentoren nannten erste Kontakte, und mit den beiden anderen Mädels aus dem Improtheater-Workshop mit Jasper Schmitz ist sie auch weiter in Kontakt.

Xhulia ist jedenfalls immer noch begeistert von dem Gemeinschaftsgefühl unter den Teilnehmern des Kunstcamps und dem Mentoring-Programm: „Die Mentoren haben uns Jugendlichen Möglichkeiten aufgezeigt, etwas aus Talenten zu machen, von denen mancher von uns nicht einmal wusste, dass sie in ihm schlummern.“